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Sabrina Janßen
erinbo@uni-osnabrueck.de
0541 969-2351
Die Projektidee
Um Jugendliche frühzeitig für technische Berufe zu begeistern, wird ein innovatives Konzept umgesetzt: Educational Escape Rooms als Recruiting-Veranstaltung. Die Zielgruppe sind Schüler:innen der Sekundarstufe I an Schulen in der Region Ems-Vechte.
In Kooperation mit den Projektpartnern wird zunächst ein Basis-Setting entwickelt, das übergreifende Inhalte der Kunststoffindustrie vermittelt. Dieses wird anschließend individuell an spezifische Ausbildungsberufe, Verfahrenstechniken und Unternehmensschwerpunkte angepasst. So entstehen authentische, praxisnahe Lernumgebungen, die Schüler:innen interaktiv an die Berufswelt heranführen.
Besonderen Mehrwert bieten stationäre, physische Escape Rooms direkt in den Räumlichkeiten regionaler Unternehmen. Durch die Einbindung echter Materialien, Maschinen und Werkzeuge erhalten die Teilnehmenden einen realistischen Einblick in den Arbeitsalltag und können spielerisch berufsspezifische Aufgaben lösen.
Mit diesem Konzept entsteht eine spannende und praxisnahe Berufsorientierung, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Begeisterung weckt – ein entscheidender Schritt zur Gewinnung zukünftiger Fachkräfte.
Regionale Ausgangslage: Herausforderungen in der Ausbildung
Die Region Grafschaft Bentheim und das Emsland stehen vor einer wachsenden Herausforderung: Immer mehr Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Zwischen 2014 und 2024 hat sich die Zahl unbesetzter Berufsausbildungsstellen versechsfacht. Besonders betroffen ist die Kunststoffbranche, in der 35,5 % der Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können. [1]
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Zahlen der Berufsschule Nordhorn wider. Während 2017 noch 78 Auszubildende den Beruf „Kunststoff- und Kautschuktechnologe“ erlernten, sind es 2024 nur noch 38 – ein Rückgang um mehr als 50 % [2]. Gleichzeitig ist die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in diesem Berufsfeld zwischen 2017 und 2023 um 41 % gesunken [3].
Ein zentraler Grund für diese Entwicklung ist der zunehmende Fachkräftemangel [4], der durch ein zusätzliches Imageproblem der Branche verstärkt wird. Viele Jugendliche wissen wenig über technische Ausbildungsberufe wie den des Kunststoff- und Kautschuktechnologen und können sich darunter kaum etwas vorstellen.
Bereits in einem Vorgängerprojekt wurde dieser Problematik mit modernen Ansätzen begegnet: In Kooperation mit der Ems-Achse kamen Virtual-Reality-Brillen zum Einsatz, um Kunststoffmaschinen und deren Funktionsweise interaktiv erfahrbar zu machen. Diese Erfahrungen zeigen, dass innovative Maßnahmen nötig sind, um Jugendliche für die Branche zu gewinnen und langfristig Fachkräfte zu sichern.
Escape Rooms als innovatives Format der Berufsorientierung
Moderne Berufsorientierung sollte mehr sein als reine Informationsvermittlung – sie muss interaktiv, motivierend und praxisnah sein. Ein vielversprechender Ansatz sind Educational Escape Rooms, die gezielt für die Berufsorientierung entwickelt werden. Dieses Konzept basiert auf den beliebten Real Live Escape Rooms, bei denen Teams gemeinsam Rätsel lösen, Hinweise entdecken und Aufgaben erfüllen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen [5].
Ihr Erfolg liegt insbesondere im immersiven Spielerlebnis, das Spannung erzeugt und ein intensives Erleben ermöglicht [6]. Forschungen zeigen, dass Escape Rooms eine Vielzahl an Soft Skills wie Kommunikation, Teamarbeit und Problemlösefähigkeit fördern [7], [8]. Diese Fähigkeiten sind nicht nur zentral für eine erfolgreiche Berufsorientierung, sondern auch essenziell für die Anforderungen in der Arbeitswelt.
Gerade in der Berufsorientierung bieten Escape Rooms eine ideale Möglichkeit, um Jugendliche unabhängig von ihrem bisherigen Interesse an einer Branche anzusprechen. Die Verknüpfung spielerischer Elemente mit authentischen beruflichen Herausforderungen schafft eine erste, positive emotionale Erfahrung in Beruf und Unternehmen [8], [9]. Dabei entsteht ein sogenanntes Flow-Erleben, das die Motivation steigert und eine tiefere Auseinandersetzung mit den beruflichen Inhalten fördert.
Durch den Spaßfaktor und die damit verbundenen positiven Emotionen können Escape Rooms als Türöffner für eine intensivere Auseinandersetzung mit Berufen und Unternehmen dienen. Die Erfolgserlebnisse in der simulierten Problemsituation können dabei direkt mit realen Arbeitswelten verknüpft werden – eine vielversprechende Strategie zur Gewinnung von Nachwuchskräften in technischen Branchen.
Zielsetzung von „ERinBO“
Das Projekt verfolgt das Ziel, die Berufsorientierung zeitgemäß und interaktiv zu gestalten. Escape Rooms dienen dabei als niedrigschwelliger „Türöffner“, um Schüler:innen spielerisch mit Berufen und Unternehmen der Region in Kontakt zu bringen und so eine vertiefte Auseinandersetzung mit technischen Ausbildungswegen zu fördern.
Ein zentraler Aspekt des Projekts ist die Entwicklung eines Open-Source-Konzepts, das über die Kunststoffbranche hinaus auf weitere Berufsfelder und Branchen übertragbar ist. So entsteht eine skalierbare Lösung, die langfristig zur Fachkräftesicherung in verschiedenen Industriezweigen beitragen kann. Begleitend wird das Konzept wissenschaftlich untersucht. Ziel ist es, die Wirksamkeit und den Mehrwert von Escape Rooms in der Berufsorientierung zu analysieren, um fundierte Erkenntnisse für zukünftige Bildungsangebote zu gewinnen.
Langfristig trägt das Projekt dazu bei, die Attraktivität von Ausbildungsangeboten zu steigern, die Resilienz und Innovationskraft der Region zu stärken und moderne, immersive Formate als Lösung für den Fachkräftemangel zu etablieren. Schüler:innen profitieren von einer praxisnahen Orientierung, Unternehmen gewinnen gezielt Nachwuchs – ein nachhaltiger Gewinn für alle Beteiligten.
Kooperierende Einrichtungen
Das Vorhaben "Escape Room-Settings in der Berufsorientierung" wird mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus / Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie mit kommunalen Mitteln der Zukunftsregion Ems-Vechte gefördert. Ebenfalls fördern acht Unternehmen des Kunststoffnetzwerks Ems-Achse das Projekt. An diesen acht Standorten findet zudem die Entwicklung und Evaluation des innovativen Konzepts statt.
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Europa für Niedersachsen
Das Förderprogramm unterstützt Vorhaben in Niedersachsen, die zur wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Entwicklung der Regionen beitragen.
Zukunftsregion Ems-Vechte
Als interkommunaler Zusammenschluss fördert die Zukunftsregion Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit im LK Emsland und der Grafschaft Bentheim.
Kunststoffnetzwerk Ems-Achse
Das Netzwerk verbindet Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Bildungsträger der Kunststoffbranche zur Förderung von Innovation, Austausch und regionaler Wertschöpfung.
Neemann LiteFlexPACKAGING GmbH & Co. KG
Neemann entwickelt und produziert flexible Verpackungslösungen aus Kunststoff mit besonderem Augenmerk auf Gewichtsreduktion und Materialeffizienz.
Reinert-Ritz GmbH
Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Entwicklung und Fertigung von maßgefertigten Verbindungsteilen aus PE und PP für Druckrohrleitungssysteme.
Enneatech AG
Die Enneatech AG produziert hochwertige Kunststoffcompounds auf Basis recycelter Rohstoffe und verbindet industrielle Anforderungen mit Umweltverantwortung.
Röchling Industrial SE & Co. KG
Röchling Industrial ist ein international agierender Anbieter von thermoplastischen Werkstoffen für technische Anwendungen in Industrie und Maschinenbau.
Georg Utz GmbH
Georg Utz entwickelt Mehrweg-Transport- und Lagerbehälter aus Kunststoff und setzt dabei verstärkt auf recyclingfähige Materialien und ressourcenschonende Produktionsprozesse.
Hochschule Osnabrück, Laborbereich Kunststofftechnik
Der Laborbereich forscht anwendungsorientiert zu Kunststoffverarbeitung, Materialcharakterisierung und nachhaltigen Werkstofflösungen.
ttp Papenburg GmbH
ttp Papenburg ist ein kunststoffverarbeitendes Unternehmen mit Fokus auf präzise technische Spritzgussteile für verschiedene Industriebranchen.
Ringoplast GmbH
Ringoplast entwickelt und produziert robuste Kunststoffverpackungen für industrielle Anwendungen mit Fokus auf Kreislauffähigkeit und Effizienz.
Referenzen
[1] Agentur für Arbeit Nordhorn, Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Auftragsummer 359395. 08.2024
[2] Gerald Brinkmann, gbs Grafschaft Bentheim, 2024
[3] DIHK, Pro-K/GKV, 2024
[4] Alexander Burstedde, Jurek Tiedemann, IW-Arbeitsmarktfortschreibung 2027. Aktualisierung mit Daten bis 2022 – Zuwanderung kann Alterung ausgleichen, IW-Report, Nr. 33, Köln, 2024
[5] S. Nicholson, Peeking behind the locked door: A survey of escape room facilities, 2015, scottnicholson.com/pubs/askwhy.pdf
[6] E. Sanchez, M. Plumettaz-Sieber, Teaching a Learning with Escape Games from Debriefing to Institutionalization of Knowledge. Games and Learning Alliance, 242-256, 2019, DOI: 10.1007/978-3-030-11548-7
[7] J. T. Buchner, Lernen mit einem Argumented Reality Escape Game: Der Einfluss didaktischer Variationen auf den Lernerfolg und das Immersionserleben, Dissertation, Universität Duisburg-Essen, 2022
[8] Johann Schmidt, Escape Rooms, Crashkurse und Showexperimente – Naturwissenschaftliche Bildungsformate für die außerschulische Jugendarbeit, Dissertation, Universität Osnabrück, 2024, DOI: 10.48693/629
[9] Sabrina Janßen, Entwicklung eines Escape-Room-Settings zum Themenkomplex der erneuerbaren Energien, Masterarbeit, Universität Osnabrück, 2024, DOI: 10.48693/652